In den letzten Jahren wurde zwar viel unternommen, um die LehrerInnenausbildung zu reformieren, aber die Ergebnisse sind, gelinde gesagt, unbefriedigend. Wieder einmal sind wir mit einem eklatanten Mangel an Lehrkräften konfrontiert. Die „Schweinezyklen“  von Lehrermangel und Lehrerschwemme sind seit langem bekannt und untersucht, aber eine vernünftige Personalplanung findet dennoch nicht statt. Die Kultusminister wissen sich nur mit Seiteneinsteigern zu helfen. Da ist von Lehrerbildung, geschweige denn deren Reform, keine Rede mehr.

Nach wie vor stehen Theorie und Praxis in der Lehrerbildung nach Phasen getrennt neben- und häufig auch gegeneinander. Versuche, dem durch eine einphasige Lehrerbildung abzuhelfen, sind an bürokratischen Widerständen gescheitert. Fachliche, didaktische und pädagogische Anteile der Ausbildung stehen oft unverbunden nebeneinander. Weder durch die Angliederung der Pädagogischen Hochschulen an Universitäten noch durch die Einrichtung von Zentren für Lehrerbildung konnte dieser Mangel bisher behoben werden. Eine Verstärkung der lehramtsbezogenen Ausbildungsinhalte wird verkürzt auf eine am scheinbar messbaren Output orientierte Unterrichtstechnologie. Didaktik ist aber nicht die mundgerechte Zerkleinerung von Wissen, sondern vielmehr die Kunst, Wissen in die Zusammenhänge der Schlüsselprobleme dieser Gesellschaft zu stellen. Die kommen freilich in der Lehrerbildung kaum vor – dafür bleibt in einem verschulten und durchgetakteten Studium keine Zeit und ein Raum.

Reformen gelten weder der Integration von Theorie und Praxis, von Fachlichkeit und Pädagogik als vielmehr der Einpassung des Lehramtsstudiums in das Prokrustesbett von Bachelor und Master. Angehende Lehrerinnen leiden nicht darunter, dass sie „nur“ auf ihren Beruf vorbereitet wurden, sondern im Gegenteil – dass sie sich nur unzureichend dafür qualifizieren konnten.

In Zeiten der Digitalisierung ist die wichtigste Qualität der Schule, dass dort Beziehungen gestiftet werden, in denen Schülerinnen lernen, vor allem in den Beziehungen der Schüler untereinander. Die Gestaltung von Beziehungen und die Reflexion der eigenen Rolle darin muss über die fachliche Kompetenz hinaus eine wichtige Aufgabe von Lehrerinnen sein. Nur so wird sich eine inklusive Schule verwirklichen lassen. Das erfordert neben pädagogischem Wissen Engagement auch „Kunst“ und „Handwerk“. Schule und Lernen sollte zu einem Prozess werden, in dem Menschen ihre Bildung und Entwicklung in die eigene Hand nehmen und so zu Subjekten einer demokratischen Gesellschaft werden können. Lehrpersonen können dazu beitragen, unter anderem, indem sie selbst gelernt haben, ihre Institution kritisch zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.

Unsere Tagung soll Lehrerbildung unter diesen Gesichtspunkten analysieren, kritisch hinterfragen und daraus Anforderungen für deren Reform entwickeln. Angesprochen sind nicht nur Lehrerbildnerinen aus den Hochschulen, sondern vor allem aktive und angehende Lehrerinnen sowie politisch aktive Menschen, die diesen Prozess begleiten wollen.

KHH, 19-02-11

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