Nachdem in den letzten Stellungnahmen insbesondere wieder die Frage erörtert wurde, wofür sich der Einsatz von demokratisch denkenden und handelnden PädagogInnen und ErziehungswissenschaftlerInnen mehr lohnt, ob für die „gute Schule“ oder für die – im Sinne demokratischer Grundprinzipien – richtige Schulstruktur, möchte ich Euch einfach damit konfrontieren, wie diese Debatte in unserem beschaulichen, von einer „Ampel“ regierten Bundesland läuft, in dem die SPD seit 1991 ununterbrochen das Bildungsministerium innehat.
Von einem besonderen Vorgang beim letzten Landesparteitag der SPD Ende November 2018 veranlasst, habe ich einen Kommentar dazu geschrieben, der in der nächsten Nr. der GEW-Zeitung Rheinl-Pfalz veröffentlicht wird, den ich vorab jedoch dem SPD-Landesvorsitzenden, der Ministerpräsidentin und der Bildungsministerin zugeschickt habe. Daraus und aus der Antwort des Landesvorsitzenden erhaltet Ihr einen kleinen Einblick in die hiesige Diskussion. Die SPD, die sich seit langem von ihren eigenen Positionen, z. B. des Hamburger Parteiprogramms von 2007 – alle Kinder besuchen gemeinsam die Schule bis zum Ende des 10. Schuljahres – verabchiedet hat, überlässt die Gestaltung der Bildungslandschaft weitgehend dem sog. Elternwillen, aktuell vor allem bei der Umsetzung der UN-BRK, indem den Eltern ein „bedingungsloses Elternwahlrecht“ zwischen Förder- und Schwerpunktschulen per Schulgesetz zugesichert wird – der komplette Rückzug von bildungspolitisch gestalterischen Möglichkeiten.
Dennoch bleibt es unsere Aufgabe, mit unseren schmalen Kräften immer wieder anzumahnen, dass die Struktur, vor allem die viel zu kurze Zeit der Primarstufe, als die Hauptverursacherin der manifesten sozialen Verwerfungen und Ungerechtigkeiten des Bildunsgsystems genannt werden muss. Auf den permanten Hinweis auf diese böse Wunde darf nicht verzichtet werden, wie auch nicht auf die Tatsache der quälenden Unterfinanzierung des jetzt bestehenden System, die allzu oft als billiges Argument genutzt werden kann, um z. B. die Umsetzung von Inklusion zu diffamieren.
Die Basis der Kritik am System haben viele von Euch durch langjährige Forschungsarbeit gelegt, deren Ergebnisse von der Politik und Öffentlichkeit meist nicht zur Kenntnis genommen werden und viel zu oft als Insiderwissen „verkommen“. Wir sollten uns im Zuge dieser Diskussion vielleicht auch überlegen, wie es besser gelingen kann, die Ergebnisse der Empirie den politisch Handelnden nahezubringen bzw. ihnen die Angst davor und notwendigen Konsequenzen zu nehmen.
Seit Jahrzehnten kämpfen hierzulande Gruppen für ein gerechtes und demokratisches Bildungssystem – nicht ganz ohne Erfolg z. B. bez. der Gründung von IGSen (53 ) -, letztlich aber scheitert dies an den Halbherzigkeiten von Roten und Grünen, die sich – siehe Antwortschreiben Lewentz – selbstzufrieden mit dem vermeintlich Erreichten zurücklehnen.
Abschließend: Trotz aller Rückschläge und Unzufriedenheiten muss der Einsatz („Kampf“ geht mir nicht so leicht über die Lippen) stets für beides gelten, für die möglichst gute Schule wie für die demokratische Schulstruktur.
Frieder Bechberger-Derscheidt

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