Rosemarie Hein

RLS Gesprächskreis Bildung

 

 

Überlegungen für ein Bildungsverständnis aus linker Sicht – Annäherung an ein Thema[1]

 

 

In diesem Zusammenhang will ich Diskussionsstoff zu drei Fragen anbieten:

 

  1. Warum brauchen wir ein Bildungsverständnis aus linker Sicht?
  2. Woran kann man anknüpfen?
  3. Was muss ein Bildungsverständnis aus linker Sicht heute ausmachen?

 

Zu 1. Warum brauchen wir ein Bildungsverständnis aus linker Sicht?

 

„Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen.“ [2]

 

  1. Linke Politik muss sich in jedem Politikbereich zwischen den eigenen politischen Ansprüchen, Zunkunftsentwürfen und der gesellschaftlichen Realität verorten. Das gilt auch für die Bildungspolitik. Die Kritik der gesellschaftlichen Zustände ist unscharf und wenig zielführend, wenn sie sich nicht an einem angestrebten gesellschaftlichen Ziel misst. Linke Politik, auch die Bildungspolitik, bleibt aber oft in der (berechtigten) Kritik der bestehenden Zustände stecken. Ohne einen Hintergrund gesellschaftlicher Zielvorstellungen werden sowohl die Kritik der Zustände als auch die politischen Forderungen willkürlich und kurzsichtig, teilweise populistisch und wirklichkeitsfern. Ohne einen Blick auf und die Analyse der wirklichen Verhältnisse und Kräfteverhältnisse aber auch. Ich stehe nicht auf dem Standpunkt, dass politische Forderungen immer das politische Programm linker Politik in Gänze und vollständig enthalten müssen, vielmehr gilt es die gesellschaftlichen Zustände am Maß der eigenen politischen Zielstellungen zu messen und Forderungen und Zielstellungen zu formulieren, die unter den gegebenen Umständen sinnvoll und möglich sind, aber die Zielvorstellungen im Blick haben.

 

Ein aktuelles Beispiel: Das Kooperationsverbot.

Über die Zuständigkeit für Bildung gibt es in der linken Politik keine gemeinsamen Standpunkte. Befürworten die einen ein zentralistisch organisiertes Bildungssystem im Interesse von (vermeintlich) mehr Gleichheit und Einheitlichkeit, sehen die anderen in der dezentralen Zuständigkeit einen richtigen Ansatz. Die Gründe, Dezentralisierung zu befürworten, sind unterschiedlich: die einen leiten sie ab aus den Erfahrungen der Gleichschaltung von Erziehung im dritten Reich und wollen so die Durchgriffsfähigkeit des Staates auf Bildung und Erziehung verhindern. Andere (das freilich ist wohl die Minderheit, und dazu gehöre ich) sehen in der dezentralen Zuständigkeit eine Garantie für zeitgemäße Vielfalt in den Bildungsangeboten für ein emanzipatorisches Bildungsverständnis. Ich will diese Debatte hier nicht führen, aber sie muss geführt werden. Sie muss – gleich wie man sie entscheidet – ein linkes Bildungsverständnis insgesamt prägen und tragen.

Derzeit gibt es im linken Spektrum und weiten Teilen der Öffentlichkeit eine allgemeine Übereinkunft, dass der Bund mehr Verantwortung in der Bildung übernehmen muss. Das ist ihm derzeit nur sehr eingeschränkt möglich, weil das Grundgesetz keine Gemeinschaftsaufgabe Bildung vorsieht und die Gesetzgebung in der Bildung, vor allem der schulischen Bildung, den Ländern ausschließlich zuschreibt. Der Bund hat darum, außer in der beruflichen Bildung, nur wenig gesetzgeberische Kompetenz in Bildungsfragen. In der Wahrnehmung der Mehrheit der Menschen ist dies die Ursache für einen beträchtlichen Teil der Bildungsungerechtigkeit, weshalb in Gewerkschaften und Vereinen und anderen bildungspolitischen Akteuren nach der teilweisen oder vollständigen Aufhebung des Kooperationsverbotes gerufen wird. Nun ist in den Sondierungsgesprächen vereinbart worden, das Kooperationsverbot weiter zu lockern und Finanzhilfen für Bildungsinvestitionen nicht nur für finanzschwache Kommunen (das hatte des Bundestag noch in der 18. WP beschlossen) sondern für alle Kommunen ermöglichen. Das erscheint manchem schon als Aufhebung des Kooperationsverbotes, was es nicht ist, aber es ist ein weiterer Schritt zu dessen Beerdigung. Ungerechtigkeiten in der Bildung behebt eine solche Veränderung ebenso wenig wie sie nicht zu mehr Vergleichbarkeit in den Bildungsinhalten und Abschlüssen führt.

 

  1. Ein modernes linkes Verständnis von Bildung muss kompatibel sein zu den übrigen linken gesellschaftspolitischen Zielen und innerhalb der einzelnen Bildungsbereiche ebenso.

Auch hierzu ein Beispiel.

Die Frage, woran sich die Transferleistungen für die Bildungsbeteiligung zu bemessen haben, sind durchaus strittig. So fordern wir mit größter Selbstverständlichkeit seit Jahren eine armutsfeste Grundsicherung für Menschen im erwerbsfähigen Alter und nach dem Erwerbsleben. Aber ob auch die Ausbildungsförderung (BaföG, Mindestausbildungsvergütung) dem genügen soll, ist bislang noch nicht bis zum Ende geklärt. In der dualen Ausbildung gibt es Ausbildungsvergütungen, die tariflich bestimmt sind oder sich daran bemessen, wenngleich diese oft weit unter der Höhe der aktuellen Mindestsicherung (ALG II + Zuschüsse für Heizung und Wohnung) liegen. In vielen Gesundheits-, Heil-, Erziehungs- und Sozialberufen gibt es keine Ausbildungsvergütungen. Oft muss sogar die Ausbildung (Schulgeld) bezahlt werden. Auszubildende in diesen Bereichen haben Schülerstatus. Hier ist unter deutlich eingeschränkten Bedingungen nur ein Schüler-BaföG möglich, das aber nicht die Schulgelder deckt. Sätze wie: Lehrjahre sind keine Herrenjahre prägen mitunter die Argumentationen, insbesondere, wenn keine starken Gewerkschaften zur Hand sind. Eine Position dazu gibt es im linken Bildungsverständnis erst eingeschränkt.

 

  1. Die Bildungspolitik heute ist stark geprägt von den (vermeintlichen) Verwertungskriterien von Bildung. Diese auf den Markt ausgerichtete Bildungspolitik prägt inzwischen alle Bereiche der Bildung. Die Erwartungshaltungen in der Wirtschaft bestimmen, Familie und Lernende folgen dieser Sichtweise. Daraus folgen Übereinkünfte darüber, was bildungspolitisch wichtig ist und in den Bildungskanon aufgenommen werden muss, und was nicht durch öffentliche Bildungsangeboten zu Verfügung steht. Hier verbirgt sich ein schleichender Prozess der Privatisierung von Bildungsangeboten, der die Auswirkungen des Privatschulwesens weit übersteigt. Über die Rolle unterschiedlicher Akteure dabei muss geredet werden.

Dieser Prozess der Ausrichtung von öffentlich finanzierter Bildung an den Erfordernissen des Arbeitsmarktes (und eingeschränkt seit einiger Zeit auch an der Forderung nach besserer Wertebildung und mehr politischer Bildung) ist seit Jahrzehnten im Gange und wird durch immer neue (sinnvolle und weniger sinnvolle) Hypes neu angetrieben. Die Digitalisierung ist solch ein Hype, aber auch MINT-Bildung, Alltagsbildung, Nachhaltigkeit usw.

 

An einem nicht ganz so bekannten Beispiel will ich das erläutern:

Engagementlernen.

Schule der Bürgergesellschaft, civic education, Engagementlernen oder auch service learning – wie der aus Amerika stammende Begriff heißt – versteht sich als ein „neues Geheimrezept“ für gute Bildung. Die Idee ist, dass Schülerinnen und Schüler über gemeinsame Projekte im schulischen Umfeld lernen, sich zu engagieren und über dieses Engagement sich sowohl Kenntnisse erarbeiten als auch Werthaltungen entwickeln. Dies soll verpflichtend in den Unterricht aufgenommen werden. Ziel soll es sein, die Bereitschaft zu bürgerschaftlichem oder zivilgesellschaftlichem Engagement zu fördern. Unterstützung geben dabei zivilgesellschaftliche Akteure, Vereine, vor allem aber Stiftungen (Die Bertelsmann-Stiftung und die Freudenberg-Stiftung seien exemplarisch genannt), die über das nötige Know-How und die pädagogischen Vorgaben und Unterrichtsmaterialien verfügen, die sie oft mit Hilfe öffentlicher Förderung entwickelt haben. Sie nehmen den Lehrkräften also Arbeit ab. Die pädagogische Idee ist im Grunde nicht schlecht, auch wir fordern ja die Öffnung der Schule in die Gesellschaft und ins regionale Umfeld im Sinne einer lebensweltorientierten Bildung. Was also gibt es einzuwenden?

Bürgerschaftliches oder zivilgesellschaftliches Engagement ist vor allem durch Freiwilligkeit, Gemeinwohlorientierung, Unentgeltlichkeit, Uneigennützigkeit und Eigensinn geprägt. Der Ansatz des service learning ist dies nicht.

  1. Es geht hier nicht um freiwilliges Engagement der Schülerinnen und Schüler, denn es erfolgt im Rahmen der Schulpflicht, ist also Bestandteil des Unterrichts, auch wenn es außerhalb des tradierten Fächerkanons organisiert ist, und es ist darum schon mal nicht frei gewählt. Es ist auch nur bedingt uneigennützig, wenn es Teil des ordentlichen Unterrichts ist, der nur an einem anderen Lernort erfolgt. Darum hat es auch keinen Eigensinn, sondern ist Anschauung, didaktisches Prinzip.

Es geht aber sehr wohl um das freiwillige Engagement der Anbieter solcher Lernsituationen im Sinne der Ausweitung ihrer Geschäftsfelder. Die öffentliche Hand, die für Bildung zuständig ist, und auch viele Linke erscheinen oft unkritisch aufgeschlossen, nehmen diese Angebote ihr doch einen Teil der öffentlichen (staatlichen) Verantwortung für gute Bildung ab.

  1. Es ist zu einseitig – nämlich nur auf einschlägige, für das bürgerschaftliche Engagement geeignete Themenfelder (Arbeit im Seniorenheim, in sozialen Projekten oder auch zum Beispiel Pflege oder Neuanlage von örtlichen Parkanlagen) ausgerichtet. Wirkliche Lebensweltorientierung ist wesentlich breiter. Sie umfasst auch den naturwissenschaftlichen, technischen Bereich, die kulturelle Bildung, örtliche oder regionale Geschichte usw. und ist nicht immer durch zivilgesellschaftliches Engagement geprägt.

Zwar ist der pädagogische Ansatz als ein Weg für mehr Lebensweltorientierung interessant, aber das Ziel, die Bereitschaft zu Engagement zu befördern, wird so nicht unbedingt erreicht, genauso wie die Pflichtlektüre im Literaturunterricht u.U. nicht beiträgt, Leseratten zu erzeugen. Aber es ist ein weiterer Schritt der Verantwortungsübernahme durch private Akteure in der öffentlichen Bildung als Teil von Daseinsvorsorge. Hier fließen – unbeschadet des ehrenamtlichen Engagements von Akteuren – auch erhebliche öffentliche Mittel, aber eben nicht in öffentliche Bildungsinstitutionen direkt, sondern über den Umweg von privatem Engagement.

Es bedarf also eines kritischen Blickes, auch unter dem Blickwinkel der Übernahme staatlicher Verantwortung durch private Akteure in der Bildung. Ein linkes Bildungsverständnis ist dabei hilfreich.

 

Zu 2. Woran kann man anknüpfen?

 

  1. Die Entwicklung des öffentlichen Schulwesens in Deutschland ist verbunden mit dem Übergang von der ständisch organisierten Gesellschaft zur kapitalistischen Gesellschaft. In diesem Zusammenhang ging vor allem von den politischen Vertretern des Neuhumanismus wie Wilhelm von Humboldt eine Bewegung zu bildungspolitischen Reformen aus. Pädagogen wie Pestalozzi, Diesterweg und Fröbel gehörten dazu. Ihre Ideen prägen bis heute bildungsreformerisches Denken.

 

Im Gefolge entstanden Forderungen nach einer neuen Allgemeinbildung als allgemeiner Menschenbildung. Diese Forderung konnte sich unter den gegebenen politischen Bedingungen nicht durchsetzen. Wichtigster Gegenspieler war der preußische Aufseher über das Volksschulwesen Ludolph von Beckedorf.

 

Im Bereich der öffentlichen Bildung entwickelte sich neben der Volksschule oder Elementarschule zunächst ein mit dem höheren Schulwesen verknüpftes Berechtigungswesen. D.h. Bildungsabschlüsse wurden zur Voraussetzung für den höheren Dienst im Staatswesen und im Militär.

Die Schule geriet durch die zu vergebenden Berechtigungen von Anfang an zu einer Verteilungsapparatur für Sozialchancen. Gut abzulesen an nachfolgendem Zitat:

 

„Es gibt nun einmal verschiedene Stände und Berufe in der menschlichen Gesellschaft; sie sind rechtmäßig, sie sind unentbehrlich. Allen zugleich kann kein einzelner angehören, für einen muß er sich entscheiden. Wann soll denn der Zeitpunkt eintreten, wo diese Entscheidung gefaßt und also der besondere Bildungs- und Vorbereitungsweg betreten wird? Irgend einmal muß dies doch geschehen, und je später, desto schlimmer. Je länger der Jugend die Verschiedenheit der menschlichen Verhältnisse verheimlicht wird, als eine desto größere Last muß sie hinterher erscheinen; ja eben dieser lange Traum und Wahn einer allgemeinen Gleichheit wird nicht bloß die nachfolgende Ungleichheit um so drückender machen, sondern auch die früher Gleichen und Vereinten um so schroffer trennen und um so feindseliger gegen einander stellen“ [3]

 

Besonders hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf den Schulgesetzentwurf des preußischen Ministerialbeamten Johann Wilhelm Süvern. Er forderte bereits 1819 mit seinem Gesetzentwurf ein System von Schulstufen, das sichern sollte, dass „das öffentliche allgemein-bildende Schulwesen nicht aus getrennten, berufsständisch sortierenden Schularten“ besteht, „sondern es muss als ein integrierendes System organisiert sein…“[4]. Bemerkenswert ist hier nicht nur die Ablehnung eines ständischen Schulwesens, sondern die Vorstellung, dass die öffentliche Schule die Aufgabe haben soll, zu integrieren. Erst im Jahre 1970 hat der Deutsche Bildungsrat ein ähnliches wie das Süvernsche System empfohlen, in der politischen Realität ist aber das hierarchische Bildungssystem mit seinem Berechtigungswesen weitgehend erhalten geblieben.

 

Die politischen Intentionen des Volksschulwesens lassen sich eindrucksvoll an den Zielvorstellungen der sogenannten Stiehlschen Regulative aus dem Jahre 1854 ablesen:

 „Die Preußische Elementarschule…hat es… mit Kindern zu thun, die als Menschen

evangelische Christen, Unterthanen Sr. Majestät von Preußen sind, ein Vaterland, eine Geschichte ihrer Väter und Anspruch haben auf Teilnahme an der Bildung und Sitte des deutschen Volkes, die als künftige Bürger, Bauern und Soldaten die Unterlagen der allgemeinen Bildung und die Fertigkeiten bedürfen, welche sie befähigen, sich ihr bürgerliches Fortkommen zu sichern und ihrem Stande Eher zu machen“[5]

 

Diese Aufgabe, als Verteilungsapparat für gesellschaftliche Chancen zu dienen, den Fachkräftenachwuchs zu sichern und gleichzeitig die gesellschaftsbestimmenden Wertvorstellungen in möglichst allen Menschen zu verankern, hat die Schule, hat das Bildungssystem bis heute.

 

 

  1. Die Entwicklung des Bildungsverständnisses ist auch eng an die industrielle Entwicklung geknüpft. Der Bedarf der Industrie verlieh der Entwicklung des höheren und vor allem mittleren Schulwesens bedeutende Impulse, insbesondere, was die Aufnahme der Naturwissenschaften und moderner Sprachen in die schulische Ausbildung betraf. Der daraus erwachsende Bildungsansturm gefährdete aber den Fortbestand der Privilegienstruktur der Klassengesellschaft. Er wurde von der Ministerialbürokratie zunächst skeptisch abwartend registriert und zunehmend von der Gymnasiallehrerschaft kritisiert. Arbeitskräfte für die wachsende kapitalistische Industrie zu bilden, gehörte weder zum Selbstverständnis noch zu den überkommenen Aufgaben der Gymnasien.

 

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entschlossen sich die Regierenden zu einer regulierenden Gegenstrategie, an der Bismarck einen wesentlichen Anteil hatte. Dadurch wurde die Funktion der Schule als sozialer Auslesemechanismus weiter perfektioniert. Folgende Maßnahmen sollten das bewerkstelligen:

Das Berechtigungswesen sollte erneuert werden und die Zulassung von Schulen, die diese Berechtigungen zu vergeben hatte, wurde gebremst.

Parallel dazu wurden die lateinlosen Realschulen, die eben solche Berechtigungen nicht zu vergeben hatten, befördert. (als „positive Alternative“ zur gymnasialen Bildung)

Die berechtigte Bildung sollte verteuert werden, um so den Zugang aus den unteren Schichten zu erschweren. (Verminderung der Zugangschancen)

Ziel dieser Maßnahmen war es ausdrücklich, den Demokratisierungsprozess in der Bildung und im Bildungszugang zu bremsen und der Verbreitung sozialistischer Ideen Einhalt zu gebieten. Nicht zufällig fällt dieser politische Akt in das zeitliche Umfeld des Sozialistengesetzes und er ist politisch auf der gleichen Linie angesiedelt wie die Einführung der Sozialgesetzgebung.[6]

 

Auch Marx und Engels fanden in der Entwicklung der Produktivkräfte und der Industrie, ihren Anknüpfungspunkt für ihr Bildungsverständnis. Sie hatten dabei nicht zuletzt die englischen Fabriken und die darin stattfindende Kinderarbeit im Blick. Sie sahen in einem umfassenden Bildungszugang die Möglichkeit emanzipatorischer Entwicklungen der Arbeiter*innenschaft.

Erste Überlegungen zur Bildung direkt finden sich in Engels´ „Grundsätze des Kommunismus“: „Erziehung sämtlicher Kinder, von dem Augenblicke an, wo sie der ersten mütterlichen Pflege entbehren können, in Nationalanstalten und auf Nationalkosten. Erziehung und Fabrikation zusammen“[7], so schrieb er im Jahre 1847. In diesem kurzen Satz sind wesentliche Grundlinien, die heute noch gelten können, zusammengefasst, wenngleich ich sie in der Konsequenz heute nicht vollständig unterschreiben würde: Was heißt z.B. „wo sie der ersten mütterlichen Pflege entbehren können“???

Dennoch ist dieses Bildungsverständnis erstaunlich breit. Engels geht es um:

  • die Bildung im frühen Kindesalter,
  • um die Verantwortung des Staates und um die
  • polytechnische Bildung.

Später wird Marx genauer. In den Instruktionen für die Delegierten des Provisorischen Zentralrats zu den einzelnen Fragen schreibt er 1866/1867:

Unter Erziehung verstehen wir drei Dinge:

Erstens: Geistige Erziehung.

Zweitens: Körperliche Erziehung, wie sie in den Sportschulen und durch militärische Übungen gegeben wird.

Drittens: Polytechnische Ausbildung, die die allgemeinen Prinzipien aller Produktionsprozesse vermittelt und gleichzeitig das Kind und die junge Person einweiht in den praktischen Gebrauch und die Handhabung der elementaren Instrumente aller Arbeitszweige.“ [8]

Hier ist der ganzheitliche Ansatz von Bildung deutlich, aber auch die enge Anbindung an die Fabrikarbeit.

 

Interessant ist Marx´ Verständnis vom Verhältnis von Staat und Religion zur Bildung, niedergeschrieben in der Kritik des Gothaer Programms: „Ganz verwerflich ist eine ‚Volkserziehung durch den Staat‘. Durch ein allgemeines Gesetz die Mittel der Volksschulen bestimmen, die Qualifizierung des Lehrerpersonals, die Unterrichtszweige etc., und, wie es in den Vereinigten Staaten geschieht, durch Staatsinspektoren die Erfüllung dieser gesetzlichen Vorschriften überwachen, ist etwas ganz anderes, als den Staat zum Volkserzieher zu ernennen! Vielmehr sind Regierung und Kirche gleichermaßen von jedem Einfluss auf die Schule auszuschließen.“[9]

Die Trennung von Staat und Kirche in der Bildung ist in der linken Debatte heute eigentlich unumstritten – was ja nicht heißt, dass junge Menschen in ihrer Schullaufbahn nicht etwas über unterschiedliche Religionen lernen sollten, im Sinne einer nachhaltigen Wertebildung hin zu Offenheit und Toleranz. Die Kritik am Staat als „Volkserzieher“ entspricht dagegen eher der Argumentation über die Nützlichkeit des Föderalismus, wieder mit dem Ziel staatliche Indoktrination zu vermeiden. Der Verweis auf das „allgemeine Gesetz“ und die Ausbildung von Lehrkräften würde ich sehen als den Versuch, die staatliche Verantwortung für die öffentliche Daseinsvorsorge zu beschreiben. – Wir müssen darüber diskutieren, welchen Stellenwert der Staat (versus private Akteure) in einem linken Bildungsverständnis heute haben kann/muss.

 

  1. Das Recht auf Bildung ist ein individuelles Grundrecht, garantiert durch Artikel 10 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 durch die Vereinten Nationen und Artikel 13 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966. Dieser Pakt wurde von der Bundesrepublik Deutschland am 9. Oktober 1968 unterzeichnet. Dieses Recht auf Bildung wird in Deutschland über den Umweg der Schulpflicht garantiert.

 

Die Schulpflicht hat aber historisch einen anderen Bezug. Sie wurde eben vornehmlich aus Gründen der Staatsräson eingeführt, wenngleich die aufklärerische Bewegung der Neuhumanisten dabei durchaus von Forderungen nach einer allgemeinen Menschenbildung ausging.

 

In diesem System von Schulpflicht ist der Zugang zu Bildung vorrangig auf die Ausprägung jener Persönlichkeitsmerkmale und der Vermittlung jenes Wissens und jener Fähigkeiten orientiert, die im vermeintlichen gesellschaftlichen Konsens die Einordnung des einzelnen in die gesellschaftliche Hierarchie erleichtern bzw. ermöglichen. In der Konsequenz wird an staatlichen Schulen im Grundsatz vor allem das und so viel Wissen angeboten, wie für diesen Zweck erforderlich scheint. Die Forderung nach immer neuen Unterrichtsfächern, neuen Bildungsinhalten erwachsen vor allem und zuerst aus diesem Verständnis der Nützlichkeit von Bildung für die Gesellschaft und nicht für die einzelne Persönlichkeit. So ist das Bildungssystem in seiner Gesamtheit an die (vermeintlichen) Erfordernisse des Marktes und der Gesellschaft gebunden, und die herrschenden Bildungsvorstellungen werden von den Herrschaftsstrukturen geprägt.

Von einem allgemeinen Menschenrecht auf Bildung ist dieser Bildungsansatz weit entfernt. Dass mit den verschiedenen Zugeständnissen an tradierte bildungsbürgerliche Bildungsvorstellungen an vielen Stellen verbal, gesetzestechnisch und auch realiter Aufweichungen des stringenten Nützlichkeitsdenkens erfolgen, bleibt davon unbenommen. Sie sind zum einen der Einsicht  geschuldet, dass ausreichend gebildete Mitglieder der Gesellschaft besser vermarktbar sind – ganz nach dem Beckedorfschen Grundsatz – andererseits gibt es Schnittmengen zwischen diesen marktorientierten Einsichten und den emanzipatorischen Vorstellung der freien und gleichen Persönlichkeitsentwicklung und der daraus resultierenden Forderung nach gleichem Bildungszugang. Dennoch haben es konservative Kräfte über diesen Weg verstanden, ihre Bildungsinteressen als Interessen der Allgemeinheit zu verkaufen.[10]

 

  1. Das linke Bildungsverständnis ist seit den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stark von emanzipatorischen Ansätzen geprägt, wie sie ein Hartmut von Hentig, Wolfgang Klafki und andere geprägt haben. Dieses zu den herrschenden und konservativen Kräften in der Gesellschaft alternative Bildungsverständnis nimmt nicht nur progressive Gesellschaftstheorien und ein emanzipatorisches Menschenbild auf, sondern knüpft auch an den reformpädagogischen Bestrebungen des frühen 20. Jahrhunderts an. Hier sollte unser jüngster Anknüpfungspunkt liegen.

Dieses Bildungsverständnis ist geprägt von Allseitigkeit und Ganzheitlichkeit, sowohl, was den Blick auf die individuelle Persönlichkeit betrifft als auch die Weltsicht, von Gleichheit der Bildungschancen und Bildungszugänge, von sozialer Gerechtigkeit und von demokratischen Werten als bildungspolitische und bildungstheoretische Grundlegung. Es nimmt alle Bildungsstufen und Bildungswege in den Blick und wendet sich von ständischer Gliederung und Marktorientierung ab.

 

Zu 3: Was muss ein Bildungsverständnis aus linker Sicht heute ausmachen?

 

Auch wenn es in der Geschichte viele Anknüpfungspunkte für ein modernes linkes Bildungsverständnis gibt, kann man nicht einfach auf ein Bildungsverständnis zurückgehen, das vor zehn oder hundert Jahren unter anderen gesellschaftlichen Bedingungen entstanden ist, und dort verharren. Menschen machen ihre Geschichte unter vorgefundenen, überlieferten Umständen, aber sie sind ihnen nicht ausgeliefert, nicht auf sie begrenzt, sie können sie gestalten. Und vor allem, die Umstände ändern sich. Genau darum geht es bei der Bestimmung eines linken Bildungsverständnisses für die heutige Zeit, das im besten Fall für die Zukunft offen ist. Ein modernes linkes Bildungsverständnis muss von einem emanzipatorischen Menschenbild ausgehen. Das schließt ein emanzipatorisches Bildungsverständ­nis ein.

 

Eine sozial gerechte Gesellschaftsentwicklung, ein verantwortungsbewusster Umgang mit Entwicklungs­problemen der Menschheit, der Umwelt in der Region und im globalen Maßstab ist ebenso wie alle Erfor­dernisse heutiger und künftiger Produktionsweisen von einem hohen Wissen und Können, von gleichem Zugang zu und einem verantwortungsbewussten Umgang mit neuen wissenschaftlichen Einsichten und technologischen Errungenschaften abhängig.

Eine sozial gerechte Gesellschaftsentwicklung erfordert eine „gebildete Gesellschaft“. Darum ist unser Bildungsverständnis eines, das von hohen quali­tativen Ansprüchen ebenso geprägt ist wie von einem demokratischen Grundverständnis, es ist eines, das niemanden ausgrenzt, sondern alle von vornherein einschließt, eines, das sich um individuelle Förderung und den aktiven Ausgleich von Benachteiligungen und Beeinträchtigungen bemüht.

Der gleiche und gleichberechtigte Zugang zu umfas­sender und hoher Bildung ist zu einer der wichtigsten sozialen Menschheitsfragen des 21. Jahrhunderts ge­worden. Dabei gehen wir von einem weiten Verständ­nis von Bildung aus.

Es umfasst alle Inhalte allgemei­ner Bildung. Dazu zählen die sichere Beherrschung von Kulturtechniken und Sprachen ebenso wie der Reichtum von Kunst und Kultur, Zeugnisse der Tech­nik, der Wissenschaft, Wissen über Geschichte und Gegenwart, Wissen über den eigenen Körper und eine gesunde Lebensweise und die Fähigkeit des Umgangs mit modernen Medien, es umfasst die Aneignung humanistischer Wertvorstellungen.

Es umfasst weiter Spezial­bildung, zum Beispiel für einen Beruf oder einfach auf Grund individueller Bildungsinteressen.

Kurz: Bildung ist auf die ganze Persönlichkeit gerichtet und umfasst im Grunde den Zugang zum gesamten Menschheits­wissen, die Fähigkeit zu seiner kritischen Reflexion und Nutzung, die Fähigkeit danach zu handeln und die Folgen des eigenen Handelns zu erkennen.

Ein linkes Bildungsverständnis geht zuerst von dem aus, was Menschen für sich, für ihre persönliche Entwicklung brauchen.

 

Für Bildung und Ausbildung muss genügend Zeit zur Verfügung stehen, Bildungswege dürfen nicht aus Gründen vermeintlicher ökonomischer Effizienz verkürzt werden. Das gilt gleichermaßen für die vorschulische und schulische Bildung, für die Wege in den Beruf wie für alle Formen lebensbegleitenden Lernens.

 

In der gegenwärtigen Gesellschaft wird der Zugang zu Bildung und werden die Inhalte von Bildung oft an dem gemessen, was vermeintlich wirtschaftlich geboten ist. Entsprechende Werthaltungen gehören dazu. In der Folge wird der bildungspolitische oder auch der allgemein-politische Focus oft auf die Ertüchtigung zu beruflicher Tätigkeit gelegt. Was an Bildung in einer Bildungsstufe oder Bildungsinstitution angeboten wird, richtet sich dann danach, was in der jeweils höheren Bildungsstufe erwartet oder für die Erwerbstätigkeit „gebraucht“ wird. In der Folge ergreifen berufsvorbereitende und sogar berufliche Bestandteile von Bildung direkt oder indirekt immer mehr in der allgemeinen Schulbildung Raum, wird in der Weiterbildung vor allem die berufliche Aus- und Fortbildung gesehen. Allgemeine Weiterbildung führt stattdessen ein Aschenputtel-Dasein, was man im Übrigen auch an der Bezahlung der Lehrkräfte sieht.

 

In der allgemeinbildenden Schule würde eine umfassende Lebensweltorientierung sowohl zu einer besseren Allgemeinbildung als auch zu einer besseren Berufsorientierung führen. Polytechnische Bildung wäre dann auch nicht mehr vorgezogene Berufsorientierung, sondern Allgemeinbildung, gleich, welche berufliche Entwicklung ein junger Mensch nehmen wird.

Doch heute setzen sich immer häufiger Partikularinteressen in der allgemeinen Bildung durch, in der beruflichen sowieso. Ich sehe hier eine Notwendigkeit der Umsteuerung:

  • Das Interesse der Allgemeinheit an einer „gebilde­ten Gesellschaft“ muss gegenüber Einzelinteressen gestärkt werden, die von niedrigen Steuersätzen, kürzeren Ausbildungszeiten und längeren Arbeitszei­ten profitieren.
  • Ein linkes Bildungsverständnis muss ein ganzheitliches sein. Es umfasst allgemeinbildende Bestandteile ebenso wie beruflich bildende. Beides hat aber einen eigenen und eigenständigen Wert.
  • Gleicher Zugang zu Bildung, und das ein Leben lang, ist für uns ein grundlegendes Menschenrecht. Darum verbietet es sich aus unserer Sicht, dass der durch öffentliche Bildungseinrichtungen garantierte und mit öffentlichen Mitteln finanzierte Zugang zu Bildung nach wirtschaftlichen Nützlichkeitsprämis­sen oder durch tatsächliche oder vermeintliche individuelle Voraussetzungen oder Einschränkungen zugeteilt und zudem davon bestimmt wird, was gerade aus welchen Gründen auch immer auf dem aktuellen Arbeitsmarkt verwertbar ist. Niemandem darf Wissen vorenthalten werden. Das gilt für alle Lebens­alter. Gute Bildung muss im Gegenzug den Zugang zu allen vorhandenen Bildungswegen ermöglichen.
  • Den Zugang zu Bildung zu gewährleisten ist eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. Der Zugang zu öffentlich finanzierter Bildung muss entgeltfrei sein (mindestens dies).
  • Ein solches Bildungsverständnis ist nützlich für den einzelnen und gleichzeitig von Nutzen für die Gesellschaft, für aktuelle Erfordernisse der wirt­schaftlichen Entwicklung, für die Erfordernisse des Arbeitsmarktes wie auch für das Zusammenleben in Familie und Gesellschaft, für solidarisches Verhalten, für Toleranz gegenüber anderen und demokratische Beteiligung.
  • Ein linkes Bildungsverständnis darf nicht bei der Forderung nach mehr Geld stehen bleiben, sondern muss auch Ziele und Inhalte definieren.

 

Zum Beispiel Allgemeinbildung:

Sie hat – in Anlehnung an Klafki[11] – drei wesentliche Aspekte:

  1. Sie hat einen demokratischen Aspekt: Sie soll Bildung für alle sein. Daraus leitet sich auch der emanzipatorische Anspruch der Linken ab, einen gleichen Zugang für alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen zu allen Bildungsangeboten zu fordern.
  2. Der Begriff Allgemeinbildung hat einen individuellen, persönlichkeitsbildenden Aspekt. Sie ist allseitige Bildung, auf die ganze Persönlichkeit, die Ausprägung aller Seiten ihres Wesens gerichtet. Solche allgemeine Bildung befähigt Menschen, sich selbstständig und selbstbewusst mit der Gesellschaft auseinander zu setzen und sich in ihr zurechtzufinden. Auch aus dieser Sicht verbietet sich die Vorauswahl von Bildung über feste, weitgehend undurchlässige Bildungswege in Vorwegnahme vermeintlicher späterer Bestimmung des Individuums. Eine solche Vorauswahl ist nicht nur ein unzulässiger Eingriff in die Freiheit, die Autonomie und die Autorität der Persönlichkeit und würde schon von daher emanzipatorischen Zielstellungen widersprechen, sondern, schlimmer, sie produziert diese spätere vermeintliche Bestimmung des Individuums erst!
  3. Der dritte Aspekt von Allgemeinbildung bezieht sich auf die Auswahl eines für alle allgemein verbindlichen Systems von Bildungsinhalten, auf eine allgemeine Auswahl aus dem großen Komplex des Menschheitswissens, das über Bildung zum Handwerkszeug der Allgemeinheit werden soll.

Bis hierhin sind ganz viele, nicht nur Linke, einverstanden. Der Teufel steckt aber im Detail, zum Beispiel auch in der Frage, welche Bildungsinhalte sollen denn aus dem Arsenal des Menschheitswissens ausgewählt werden. Alle bisherigen Versuche der Gestaltung neuer Curricula endeten entweder mit einer Ausweitung der Lehrstoffe oder mit eine absichtsvollen Verkürzung dieser auf die Interessen von Steakholdern. Letzteres führt zur oben beschriebenen Einengung und Zuteilung von Bildung, insbesondere in Verbindung mit dem mit zentralen Prüfungen verbundenen Berechtigungswesen. Dieses bestimmt auch heute berufliche Laufbahnen, Zugänge zum Studium oder zu bestimmten Ausbildungen. Nicht selten wird in diesem Zusammenhang dann die Nützlichkeit des an Schule Gelernten in Frage gestellt und ein Maßstab eingefordert, der Schulwissen an der Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt misst. Das birgt die Gefahr, dass durch die “Zuteilung” von Bildungsinhalten[12] der allgemeine Bildungszugang eingeschränkt wird. Die Ausweitung der Curricula um vermeintlich unverzichtbare neue Bildungsinhalte dagegen führt zur Überlastung des Systems Schule, der Lehrenden und der Lernenden. Die berechtigte Forderung nach Neubestimmung der Bildungsinhalte, nach Überprüfung der Rahmenrichtlinien auf ihre Zeitgemäßheit, führten bisher in der Regel zu einer quantitativen Erweiterung der Lehrstoffe, die möglichst in der gleichen Unterrichtszeit zu absolvieren waren. Das geht in der Praxis häufig einher mit höherem Leistungsdruck[13], mehr Oberflächlichkeit und in der Folge mit weniger solider Bildung für alle. Die Folge ist Bulimie-Lernen, um die Abschlussprüfungen zu schaffen.

 

Ein neues Verständnis von Bildung ist nötig:

 

„So wird es allmählich zur Gewohnheit, Wissen mit Bildung zu verwechseln.
Bildung aber ist das, was übrigbleibt, wenn das Wissen bereits überholt oder nicht mehr zur Hand. Der Kopf ist zum Denken da nicht zum Merken. Bildung ist folglich die Krone des Wissens, der Endzweck aller Lernbemühungen, dessen Verwirklichung nicht anbefohlen, nicht nach einem Plan in wenigen Jahren hergestellt werden kann.“ [14]

 

Die wachsenden immer komplexer werdenden gesellschaftlichen Erwartungen an die in Schule zu vermittelnde Allgemeinbildung sind nicht in einem festen, für alle verbindlichen Wissenskanon zu bündeln.[15] Vielmehr erscheint ein flexibler Umgang mit Lernstoffen geboten, der der Einzelschule und den Lernenden Möglichkeiten einer inhaltlichen Profilierung bietet und andererseits in der Gesamtheit der Bildungsangebote den Reichtum der Kultur und des Wissens bewahrt und angemessen auf gesellschaftliche Erwartungen reagieren kann.

 

Dazu hat Wolfgang Klafki mit seiner Orientierung an epochaltypischen Schlüsselproblemen einen Lösungsweg beschrieben, der aber nur zum Erfolg führt, wenn die Bildungsinstitutionen, insbesondere die Schule, aus dem Korsett befreit wird, in dem sie bis heute steckt.[16] Dagegen erhebt sich massiver Widerstand aus dem konservativen Lager, das an alten, im Grunde ständisch motivierten Bildungsansprüchen festhält.

Wie tief das noch verwurzelt ist, hat der Hamburger Schulstreit gezeigt. Das Perfide in dieser Debatte ist, dass die Bewahrer konservativer Bildungsvorstellungen auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens treffen, der durch die Flut von Wissensquiz in Funk und Fernsehen, den eigenen überkommenen Bildungserfahrungen (das hatten wir schon in Klasse sieben…) geprägt ist und breit akzeptierten gesellschaftlichen Erwartungshaltungen entspricht. Die konkrete Persönlichkeit, ihre Bildungsinteressen und Bildungsbedürfnisse spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Auch erfahrene Erziehungswissenschaftler*innen sprechen heute nach wie vor von der Notwendigkeit eines Basis- oder Kerncurriculums, und jede und jeder ist frei, sich darunter vorzustellen, was er oder sie will. Das wäre alles kein Problem nähme nicht jeder Akteur und jede Akteurin für sich die Allgemeingültigkeit der eigenen Auswahl in Anspruch.[17]

 

Ein Bildungsverständnis, das nicht mehr auf möglichst viel identischem Faktenwissen, also einem Wissenskanon für alle, möglichst noch getrennt nach unterschiedlichen Schulformen beruht – davon aber gehen nicht einmal die gemeinsamen Bildungsstandards ab – ein solches Bildungsverständnis steht nicht nur im Widerspruch zum zwar föderalen aber dennoch ständischen Bildungswesen der Bundesrepublik, sondern auch zum Einheitsschulwesen der DDR, in der der Lehrplan nicht nur gesetzt war, sondern Gesetz.

 

Zu den wichtigen Fragen eines linken Bildungsverständnisses gehören selbstverständlich Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Der oben eingefordert gleiche Zugang muss auch rechtlich untersetzt werden. Darum gehören umfangreiche Rechtsansprüche in allen Bildungsstufen und Bildungswegen dazu[18]. Unentgeltlichkeit zumindest der institutionellen Angebote und besondere Förderung von nicht institutionellen und informellen Bildungsangeboten und -möglichkeiten (von Bibliothek bis Internet).

Weiter ist zu fragen: Kann ein linkes Bildungsverständnis sich auf Schule und Berufsausbildung beschränken? Möglicherweise ergänzt um die frühen Jahre und die Weiterbildung? Oder müssen wir auch andere Akteure und Formen im breiten Spektrum der Bildungslandschaft in den Blick nehmen?

 

Hierzu ein Zitat von Robert Havemann. Er schreibt in seiner Utopie „Morgen“, geschrieben in den Jahren von 1976-80:

„Der Bildschirm ist für die Utopier das wichtigste Lernmittel. Und Lernen ist eine ihrer Hauptbeschäftigungen. Sie fassen das Lernen aber nicht als Büffelei und ständiges Ansammeln von immer mehr Kenntnissen auf. Sie denken nicht daran, sich in lebende Enzyklopädien zu verwandeln, in denen extensiv Wissen angehäuft ist. Gerade weil sie über die großartigen Informationsarchive verfügen, die uns jederzeit fast jede Frage beantworten können, lassen sie dies Wissen dort, wo es für uns parat liegt, und belasten damit nicht das Gehirn des einzelnen Menschen. Lernen heißt in Utopia erst einmal: kennenlernen. Die großen Werke der Weltliteratur lesen, die Gedanken der großen Philosophen, der Religionsstifter und Dichter kennenzulernen und über sie nachgedacht zu haben. Kontakt zu bekommen mit der Kultur der Menschheit von ihrem Beginn bis in unsere Tage. Das ist Lernen.“[19]

 

Ich will abschließend auf einige weitere Fragen hinweisen, die wir für ein Bildungsverständnis aus linker Sicht diskutieren müssen:

 

  1. Für wen oder was wird gelernt? Welchen Stellenwert haben bei dieser Frage die Interessen der Individuen? Und woraus entstehen sie?

Ist es aus diesem Blickwinkel überhaupt notwendig, für alle das Gleiche (oder besser Dasselbe) bereitzuhalten? Wohlgemerkt, die Auffassung, dass nicht alle Dasselbe lernen müssen (können) ist eng verbunden mit dem ständischen und bis heute immer noch gegliederten Schulsystem. Aus der Auffassung, dass grundsätzlich alle Menschen gleich bildungsfähig sind, erwuchs die Auffassung, dass alle das Gleiche bzw. Dasselbe lernen sollten, und die Forderung nach mehr Einheitlichkeit im Interesse besserer Vergleichbarkeit der institutionellen Bildung und der Abschlüsse, die über sie erworben werden können. Ich verweise auf die Ausführungen zum Berechtigungswesen, die damit eng verstrickt sind.

 

  1. Allgemeinbildung versus Spezialbildung.

Welchen Stellenwert hat Allgemeinbildung heute? In den vergangenen Jahrzehnten wurde sie teilweise mit Bezug auf die Nützlichkeit für eine spätere Berufsausbildung geschröpft. Das traf zunächst die kreativen Fächer. Im Gegenzug entdeckte man die Bedeutung der sogenannten MINT-Bildung. Inzwischen ist die Bedeutung der musischen Fächer wegen ihrer Bedeutung für die Entwicklung von Kreativität wieder im Wachsen, aber der Abbau und die Geringschätzung musischer Fächer ist noch nicht behoben, was man auch an der Lehrkräftesituation sieht.

Die Unterscheidung in allgemeine Bildung und spezielle Bildung ist zum Beispiel bei Anzenbacher[20] die zwischen allgemeiner Wertebildung, die er vor allem in religiösen Wertvorstellungen und Haltungen verortet, und der speziellen Bildung, zu der er das gesamte Faktenwissen und die berufliche Bildung zählt.

Welche Bestimmung von Allgemeinbildung wollen wir aus linker Sicht vornehmen, und was hat sie mit einheitlicher Bildung zu tun? Hat sie nur mit bestimmten Werthaltungen und Weltsichten zu tun oder impliziert sie auch ein Instrumentarium zum Erwerb von Wissen? Und wenn ja, von welchem Wissen?

Welchen Stellenwert hat berufliche Bildung? Brauchen wir ein neues Verständnis von Beruflichkeit? Wie ändern sich Wege in den Beruf, welche sind denkbar und sinnvoll? Welchen Stellenwert haben duale Ausbildung, Schulberufe, Studium und Duales Studium?[21]

 

  1. Die Debatte um mehr Einheitlichkeit in der Bildung ist eine der grundlegenden bildungspolitischen Debatten. In der Politik wird sie vielfach verkürzt auf die Beteiligung des Bundes an der Bildungsfinanzierung. Aber hat sie nicht auch eine inhaltliche Ebene, wo doch die Vergleichbarkeit der Abschlüsse Jahr für Jahr die Debatten zum Schuljahresende prägt?

Wieviel Einheitlichkeit ist nötig? Für mehr Vergleichbarkeit, für die Möglichkeit von Mobilität? Welchen Wert haben und wie zeitgemäß sind zentrale Prüfungen?

 

  1. Für wessen Bildung engagieren wir uns? Nur für Benachteiligte oder alle?

Marx hat in seiner Kritik des Gothaer Programms darauf verwiesen, dass die Unentgeltlichkeit nur bedeute, dass auch die Wohlhabenden ihre Bildung aus dem „Steuersäckel“ finanziert bekämen, obwohl sie es gar nicht nötig hatten.[22] Diesem Ansatz sind viele Linke in ihren bildungspolitischen Auffassungen für lange Zeit gefolgt und ich bin mir nicht sicher, ob diese Debatte je zu Ende geführt wurde. Es geht derweil dabei keinesfalls nur um die Finanzierung von Bildung, sondern auch um die Frage, wer wie gefördert werden soll. Mindestens die Debatte, ob auch leistungsstarke Lernende einer speziellen Förderung bedürfen oder ob sich das linke Engagement auf den Nachteilsausgleich beschränkt, muss immer wieder geführt werden. Sie ist nicht zuletzt ausschlaggebend für die Entkräftung jener bildungsbürgerlichen Standpunkte, die im gemeinsamen Lernen in heterogenen Lerngruppen einen Nachteil für den Lernfortschritt der eigenen Sprösslinge sehen.

 

  1. Da sind wir schon bei der heißen Debatte um Inklusion und ihre vermeintlichen Grenzen. In der linken Debatte wird um einen weiten Inklusionsbegriff gerungen. Dennoch findet man in allen Gesprächszusammenhängen immer wieder selbst bei aufgeschlossenen Diskussionsteilnehmer*innen, auch bei linken, gerade auch bei Praktiker*innen Aussagen, dass eine bestimmte Gruppe Beeinträchtigter, Behinderter oder Benachteiligter eben „nicht inkludierbar“ seien. Schon der Begriff ist verräterisch. Er macht deutlich, dass in der Praxis, noch immer von einem bestimmten gesellschaftlich festgelegten Standard ausgegangen wird, dem sich alle Gruppen und Individuen annähern müssten. Das betrifft die Frage der gemeinsamen Bildung von Menschen mit und ohne Behinderungen ebenso wie allen Arten von Benachteiligungen, ob sozial, emotional, herkunftsbezogen usw. Immer geht es darum, die Betroffenen an einem vorgegebenen Standard oder an Zielvorstellungen zu messen.

In diesem Zusammenhang ist eine offene und noch kaum bewusste Debatte, ob es um zielgleiche oder zieldifferente Inklusion gehe. Ich halte beides für falsch.

 

  1. Rolle von Schule und Rolle von institutioneller Bildung versus informelle Bildungszugänge.

Angesichts der Tatsache, dass die allgemeinbildende Schule – mindestens diese – nur noch einen Teil der Bildung bewirkt, die Menschen in ihrem Lebenslauf erwerben, und zwar den kleineren, stellt sich die Frage nach der Funktion von Bildungsinstitutionen, insbesondere der verpflichtend vorgeschriebenen, wenn doch Wissen (vgl. Havemann) überall und jederzeit und im Wesentlichen von jedem abgerufen werden kann? Was macht allgemeine Bildung heute aus? Wer bestimmt sie, wofür dient sie? Diese Debatte ist nicht banal. Ich erinnere daran, dass die gymnasiale Bildung vor allem zur Vorbereitung auf ein Studium zielen sollte. In der DDR war folglich nach einer erfolgreich abgelegten Reifeprüfung der Zugang zu einer „einfachen“ Berufsausbildung fast nicht möglich. Auch heute findet sich diese Bestimmung gymnasialer Bildung in vielen Köpfen. Das Abitur oder die Reifeprüfung gilt nicht einfach als höchster allgemeinbildender Schulabschluss, obwohl sie das längst ist. Welche Bedeutung haben Schulabschlüsse, Berufsabschlüsse, Studienabschlüsse, Abschlüsse heute überhaupt? Muss heute das damit verbundene Berechtigungswesen nicht auch kritisch hinterfragt werden? Doch in der allgemeinen bildungspolitischen Debatte, auch in der linken, ist der erfolgreiche Abschluss nach wie vor ein Ausweis für die Kompetenz und das Bildungsniveau einer Persönlichkeit. Wohlgemerkt, ich will mit diesen Anmerkungen nicht den Skandal relativieren, dass Jahr für Jahr eine große Zahl junger Menschen die Schule ohne Abschluss verlassen und weit über 10% der Menschen eines jeden Altersjahrganges keinen Berufsabschluss besitzen[23].

 

  1. Wertebildung.

Derzeit ist die Frage nach einer nachhaltigen Wertebildung, als moralische, ethische und letztlich politische Bildung besonders wichtig. Eine solche Wertebildung ist auch abhängig vom Werteverständnis in einer Gesellschaft, vom Werteverständnis von Gruppen und politischen Strömungen. Wertebildung wird stark bestimmt von den herrschenden gesellschaftlichen Kräften. Wo würde das nicht deutlicher als in der derzeitigen Flucht- und Asyldebatte. Das geht auch Linke an. Hier liegen Anknüpfungspunkte und Erklärungsmuster für sehr unterschiedliche politische Kräfte. Ein Beispiel:

So wichtig es ist, die Fluchtursachen zu bekämpfen, so sehr ist es möglich eben mit diesem Argument die Notwendigkeit der Gewährung von Asyl für Geflüchtet in Europa in Frage zu stellen oder wenigstens zu relativieren und Migration als Normalität in der Weltgeschichte infrage zu stellen. Das kann kein linkes Argument sein, ist aber auch in der linken Debatte (leider) präsent. Gleich daran anschließend: welchen Wertekonsens gibt es eigentlich in der europäischen Gesellschaft, in Deutschland? Nicht nur, weil Wohlhabende emsig auf den Schutz ihres Wohlstandes aus sind und dafür andere Interessen gering schätzen, sondern auch angesichts der Globalisierung, die mit einem nie gekannten Tempo auch zum kulturellen Austausch führt. In diesem Zusammenhang müssen Fragen der kulturellen Identität und der Forderungen nach Anpassung Zugewanderter an die Kultur der aufnehmenden Gesellschaft diskutiert werden. Auch sie müssen die Wertebildung prägen. Fragen nach Religionen und ihrer Bedeutung für das Leben von Menschen gehören dazu. Was ist zum Beispiel mit Menschen, die unterschiedlichen Religionen angehören und das öffentlich zeigen? Wie halten wir es hier mit inklusiver Bildung? Muss die Religionszugehörigkeit oder wenigstens das sichtbare Zeichen dafür, an der Schultür abgelegt werden?

Und nicht zuletzt gehören zur Wertebildung auch das Wissen um und das Verständnis vom Funktionieren der gesellschaftlichen Strukturen, demokratischer Grundsätze und Mitspracherechte und ihre Verwendung im gesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess.

Auch hier ein Beispiel:

In Kürze entscheiden die Schweizer über die Gebühren des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Eine Abschaffung solcher Gebühren zieht entweder eine Steuerfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien nach sich oder gefährdet sie in ihrer Existenz. Was aber bedeutet das für die demokratische Meinungsbildung in der Gesellschaft? – Auch eine Bildungsfrage!

 

 

  1. Rolle des Staates.

Wie hält es die Linke mit der Verantwortung des Staates für all das (Bildungszugänge, Rechtsansprüche, Berechtigungen, Wertebildung, Inhalte von Bildung…)? Hat sich der Staat (wie Marx – und übrigens auch Anzenbacher – es fordern) aus der Bestimmung von Bildungsfragen herauszuhalten? Genügt die öffentliche Verantwortung für Finanzierung und Kontrolle? Kontrolle von was und in wessen Interesse? Was ist mit den vielen Akteuren in der Bildung neben dem Staat (Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, Parteien, Vereine, Verbände, Stiftungen, Bibliotheken, Museen, Buchverlagen, Eltern, Großeltern…) Wer bestimmt und wer bezahlt die Bildung? Wer setzt seine Interessen durch und mit welcher Berechtigung…

 

Diesen Fragen und Überlegungen können viele angefügt werden und, auch die hier benannten sind sicher zu ergänzen. Sie haben in diesem Zusammenhang nur den Zweck, die Notwendigkeit eines Bildungsbegriffes aus linker Sicht zu begründen, der in der Gegenwart trägt, in den einzelnen Bestandteilen und mit linker Gesellschaftspolitik kompatibel ist und für zukünftige Entwicklungen offen.

 

 

Magdeburg im Januar 2018

 

 

Literatur:

 

Anzenbacher, Arno.: Bildungsbegriff und Bildungspolitik. In: Jahrbuch für christliche Sozialwissenschaften. 1999

 

Berufliche Bildung aus linker Sicht – für ein erweitertes Konzept der Beruflichkeit und umfassende Rechte in der beruflichen Bildung. Ein Diskussionspapier. Parteivorstand der Partei DIE LINKE, BAG Bildungspolitik, 2017

 

Bildung – demokratisch. sozial gerecht. für alle gut. Linke Positionen zur Bildungspolitik. Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag, März 2012

 

Engels, Friedrich.: Grundsätze des Kommunismus. MEW, Bd. 4, Berlin 1977, S.373

 

Erweiterte moderne Beruflichkeit. Ein gemeinsames Leitbild für betrieblich duale und hochschulische Berufsbildung. Diskussionspapier, IG-Metall-Vorstand 2014

 

Forum Schulbildung. Für eine zukunftsorientierte Schulbildung in Sachsen-Anhalt – modern und sozial gerecht. In: Initiativen für eine andere Politik, Reihe Bildung, Heft 4, Die Linkspartei.PDS Fraktion im Landtag Sachsen-Anhalt, 2006

 

Havemann, Robert.: Morgen. Die Industriegesellschaft am Scheideweg. Kritik und reale Utopie. Halle Leipzig 1990

 

Herrlitz, Hans-Georg/ Hopf, Wulf u.a.: Deutsche Schulgeschichte von 1800 bis zur Gegenwart, Juventa-Verlag 1998

 

Klafki, Wolfgang.: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Zeitgemäße Allgemeinbildung und kritisch-konstruktive Didaktik. Weinheim und Basel 2007

 

Marx, Karl.: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. In: MEW, Bd. 8, Berlin 1960, S. 115

 

Marx, Karl.: Instruktionen für die Delegierten des Provisorischen Zentralrates zu den einzelnen Fragen, MEW, Bd.16, Berlin 1962, S. 194f.

 

Marx, Karl.: Kritik des Gothaer Programms, MEW, Bd. 19, Berlin 1987, S. 30f.

 

Mehr Vergleichbarkeit in der Bildung. Grundsätze für ein Bildungsrahmengesetz. Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, 2017

 

Schwan, Gesine.: Was müssen wir unter allgemeiner Bildung verstehen? In: Bildungskanon heute. Schriftenreihe des Netzwerks Bildung der Friedrich Ebert-Stiftung, Berlin 2012, S.62 ff.

 

Wernstedt, Rolf/ John Ohnesorg, Marei. (Hrsg.). Der Bildungsbegriff im Wandel. Verführung zum Lernen statt Zwang zum Büffeln. Dokumentation einer Konferenz des Netzwerk Bildung vom 05.-06. Juli 2007

 

von Wangenheim, Inge.: Genosse Jemand und die Klassik. Gedanken eines Schriftstellers auf der Suche nach dem Erbe seiner Zeit, Halle/Leipzig 1982

 

Ziegler, Marc André,.: `Das Allgemeinbildungskonzept´. Die kritisch-konstruktive Didaktik Wolfgang Klafkis. GRIN 2005

 

 

 

[1] Für diese Überlegungen habe ich auf verschiedene, meist unveröffentlichte, frühere Papiere und Vorträge von mir zurückgegriffen.

[2] Karl Marx, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, In MEW, Bd. 8, Berlin 1960, S. 115

[3] Ludolph von Beckedorf. Zitiert nach: Deutsche Schulgeschichte von 1800 bis zur Gegenwart, Juventa-Verlag, 1998, S. 49/50)

[4] Zitiert nach: Ebenda, S. 47

[5] Zitiert nach: Ebenda, S. 62, 63

[6] Vgl. Ebenda.

[7] Friedrich Engels, Grundsätze des Kommunismus. MEW, Bd. 4, Dietz Verlag Berlin 1977, S.373.

[8] Karl Marx. Instruktionen für die Delegierten des Provisorischen Zentralrates zu den einzelnen Fragen, MEW, Bd.16, Dietz Verlag Berlin, 1962, S. 194f.

[9] Karl Marx. Kritik des Gothaer Programms, MEW, Bd. 19, Dietz Verlag Berlin, 1987, S.30f.

Dieses Verständnis kollidiert deutlich mit dem landläufigen Verständnis vieler Linker über das Verhältnis von Staat und Bildung heute.

[10] Im Hamburger Schulstreit haben die konservativen und elitären Kräfte, die an der Bewahrung des gegliederten Schulwesens interessiert sind, mit dem positiv konnotierten Slogan „Wir wollen lernen“ geworben, während die reformerische Seite mit dem Slogan „für eine bessere Schule“ warb aber nicht in der Lage war, den Fortschritt gegenüber dem ausgrenzenden Schulsystem nachvollziehbar zu machen.

[11] Vgl.: Wolfgang Klafki. Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Zeitgemäße Allgemeinbildung und kritisch-konstruktive Didaktik. Weinheim und Basel 2007

[12] Man kann das gut nachvollziehen, wenn man die Beschreibungen der Schulformen in den Schulgesetzen aller Bundesländer vergleicht oder die schulformbezogenen Bildungsstandards der KMK.

[13] Hieraus ergibt sich auch die Forderung in den westlichen Bundesländern nach einer Rückkehr zum Abitur nach dreizehn Schuljahren.

[14] Inge von Wangenheim: Genosse Jemand und die Klassik. Gedanken eines Schriftstellers auf der Suche nach dem Erbe seiner Zeit, Halle/Leipzig 1981, S. 45

[15] Wer meint, dass damit die Vergleichbarkeit der Bildung Schaden nimmt, vergegenwärtige sich, wie es möglich ist, dass in über 70 „PISA-Staaten“, die weder alle das gleiche Schulsystem noch gleiche Lehrpläne haben, die gleichen Aufgaben gelöst werden können. Offensichtlich können Lernerfolge auch ohne solche Art Einheitlichkeit gemessen werden.

[16] Dazu hat das Berliner Institut für produktives Lernen (IPLE) einen anderen pädagogischen Ansatz entwickelt, der es Lernenden, die Gefahr liefen, die Schule ohne Abschluss zu verlassen, ermöglichte mindestens einen Hauptschulabschluss zu erwerben. Dreimal im Schuljahr suchen sich die Jugendlichen einen Praxisplatz in unterschiedlichsten Betrieben und Einrichtungen. Drei Tage die Woche sind sie jeweils dort, zwei in der Schule. Besonders abgestellte und dafür ausgebildete Lehrkräfte erarbeiten mit ihnen dann anhand ihrer Praxiserfahrungen jenen Stoff, der in den einzelnen Fächern gebraucht wird. Fast alle erwerben danach den Hauptschulabschluss.

[17] Vgl. dazu auch: Gesine Schwan. Was müssen wir unter allgemeiner Bildung verstehen? In: Bildungskanon heute. Schriftenreihe des Netzwerks Bildung der Friedrich Ebert-Stiftung, Berlin 2012, S.62 ff.

[18] Vgl. dazu: Mehr Vergleichbarkeit in der Bildung. Grundsätze für ein Bildungsrahmengesetz. Fraktion DIE LINKE. Im Bundestag, 2017

[19] Robert Havemann. S.86

[20] Vgl. Arno Anzenbacher. S. 24

[21] Vgl. dazu: Erweiterte moderne Beruflichkeit. Ein gemeinsames Leitbild für betrieblich duale und hochschulische Berufsbildung. Diskussionspapier, IG-Metall-Vorstand 2014

Und: Berufliche Bildung aus linker Sicht – für ein erweitertes Konzept der Beruflichkeit und umfassende Rechte in der beruflichen Bildung. Ein Diskussionspapier. Parteivorstand der Partei DIE LINKE, BAG Bildungspolitik, 2017

[22] Marx, Karl.: Kritik des Gothaer Programms, S. 30.

 

[23] Aber man schaue sich die Biografien unserer Bundestagsabgeordneten an. Die Zahl derer, die zwar viel studiert, aber keinen Abschluss haben, ist beträchtlich. Sind sie darum schlechtere Politiker*innen?

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