Gesamtschule für alle – warum ist in Norwegen gelungen, was bei uns immer noch unmöglich erscheint?
Auch in Norwegen musste die eine Schule für alle in den 70er Jahren politisch erkämpft werden. Wie in Deutschland stand dort die Forderung nach einer Einheitsschule seit dem Ende des 19. Jahrhunderts auf der Tagesordnung. Aber wie in anderen skandinavischen Ländern gelang es, ein breites politisches Bündnis, unter Einschluss konservativer Kräfte, hinter dieser Forderung nach einer Schule zu versammeln, die allen Kindern bessere Entwicklungsmöglichkeiten bietet.
Warum gelang das nicht in Deutschland? Katharina Sass vergleicht die Schulentwicklung der beiden Länder, die deutsche am Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie hat dazu zahlreiche politische Akteure befragt. In unserer Veranstaltung stellt sie die Ergebnisse ihrer Untersuchung vor, die sie als Buch unter dem Titel „The Politics of Comprehensive School Reforms. Cleavages and Coalitions“ veröffentlicht hat. Hier findet ihr die Folien zum Nachlesen.
Zwar hat sich auch hierzulande das Schulsystem unter dem Druck wachsender Bildungsanforderungen und -bedürfnisse verändert. Aber die Gesamtschule als der „einen Schule für alle“ harrt immer noch der Umsetzung. Ja, sie scheint hinter Modellen von Zweigliedrigkeit, Sekundar- und Stadtteilschulen von der politischen Agenda verschwunden zu sein. Können die norwegischen Erfahrungen im Kamp für die eine Schule für alle helfen? Die Antworten von Rainer Dahlhaus und Robert Giese findet ihr ebenfalls hier zum Download.
Die Vorträge von Katharina Sass, Rainer Dahlhaus und Robert Giese haben wir aufgezeichnet. Im Video sind die Power-Point-Präsentationen parallel zu den Vorträgen zu sehen. Ihr findet das Video hier.
Kommentar von Prof. Dr. Hans Günter Rolff:
Ich glaube im übrigen, dass sich das klassische Gymnasium nicht mehr retten lässt, sondern in
seiner traditionellen Form gar nicht mehr besteht – wegen der großen Schülerzahl, der
Heterogenität der Schülerschaft und der Fadheit der Lehr-und Lernprozesse, die keine
Bildungsprozesse mehr sind. Ich sehe eine
Neue Dreiergliederung mit
(1) Privatschulen als neuem Gymnasium (Eliteschule) mit ca. 10 % der Schülerschaft,
wobei das Elitäre nicht aus besonders guten Schülerleistungen, sondern
aus der sozialen Exklusivität besteht,
(2) mit dem bisherigen Gymnasium mit ca. 40 % der Schülerschaft und der Funktion,
die früher die Realschule ausfüllte und
(3) der neuen Hauptschule mit ca. 50 % Anteil an der Schülerschaft, die
alle übrigen Schulen umfasst von der alten Hauptschule bis zu den
Stadtteil- und Gemeinschaftsschulen.