Nach dem PISA-Schock 22: Bildungswende – jetzt!

Noch nie haben deutsche Schüler so schlecht bei PISA abgeschnitten wie in der aktuellen Erhebung aus dem Jahr 2022, der ersten nach der Corona-pandemie. Wie kann das sein? Man hat doch so viel getan: Ständig neue Tests entwickelt, Qualitätsinstitute gegründet, Kompetenzorientierte Lehrpläne geschrieben, Schulzeiten verkürzt und verlängert. Und viel Geld darein gesteckt. Und das Ergebnis? Katastrophal. Dabei kursierte von Anfang an der Spruch: Vom Wiegen wird die Sau nicht fett.

Die wirtschaftlich desaströsen Folgen des Schulversagens haben andere schon ausgemalt, dem ist nichts hinzuzufügen.

Und jetzt? Wieder mal soll der Föderalismus schuld sein. Dabei haben wir jetzt schon das Zentralabitur eingeführt, Leistungsstandards angeglichen, es werden zentrale Aufgabepools entwickelt, zentrale Kompetenzanforderungen vorgegeben. Nein. Das kann es nicht sein.

Corona war‘s? Hatten die anderen Länder auch. Das kann es nicht, zumindest nicht allein, gewesen sein. Zu wenig Arbeit mit dem Computer? Das könnte der Computerindustrie so passen. Nur im Umgang mit anderen können Kinder und Jugendliche zu kommunizieren lernen, das können Computer nicht ersetzen, nur begleiten.

Von 2012 bis 2022 hat sich die Zahl der Einwandererkinder mit nichtdeutscher Herkunftssprache verdoppelt. Das sind über ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler, in manchen Grundschulen über 80 Prozent. Wo hat das seinen Niederschlag gefunden? Nicht nur das Sprachen lernen, also der Deutschunterricht hätte verändert werden müssen. Aber am „monolingualen Habitus“, wie Ingrid Gogolin schvrieb, hat sich nichts verändert.

Die soziale Schere in den Bildungschancen ist größer geworden. Wir hat das Bildungssystem darauf reagiert? Die Grundübel unseres Schulsystems werden nicht angegangen, sie sind tabuisiert. Vor allem das gegliederte Schulsystem. Dabei sind die Befunde eindeutig, und das vertritt auch Andreas Schleicher, der OECD-PISA-Chef: das selektive Schulsystem, die Gängelung der Lehrkräfte durch enge Vorgaben an Stoff und Methoden, der Lehrkräftemangel, fehlende Sprachförderung schon in der Vorschulzeit.

Und Reformvorschläge liegen auf der Hand: Mehr Lehrkräfte, die auch für den Beruf ausgebildet werden – und nicht Mathematiker, die sich in der Schule fehl am Platze fühlen, also eine andere Lehrkräfteausbildung, mehr Freiheiten für gut ausgebildete Lehrkräfte, Zusammenarbeit von Schule und Eltern, Schülerinnen und Schüler die mehr voneinander lernen, also gemeinsames Lernen bis zum zehnten Schuljahr. Also nicht weniger Heterogenität, sondern Nutzen der Vorteile der Verschiedenheit von Schülerinnen und Schülern, nicht mehr Zentralisierung – Stichwort Föderalismus – sondern mehr Freiheiten und vor allem mehr Geld für mehr Lehrkräfte, für Lehrerteams und kleinere Klassen. Wir haben zuj wenig Lehrkräfte, zu wenig Schulen, weil wir uns den vermeintlichen  Luxus eines gegliederten Schulsystems leisten, das heute nicht enmal mehr den vermeintlich Privilegierten nutzt. Aber an diese heilige Kuh traut sich kaum jemand ran.

Erste Schritte wären die Forderungen, die sich im Katalog der Initiative „Bildungswende – jetzt“ finden. Mehr Freiheiten, bessere Lehrkräfteausbildung und ein Sondervermögen Bildung.

Karl-Heinz Heinemann

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