Video

Lehrkräftearbeit und -ausbildung in Skandinavien, Japan und Singapur

mit Alexander Brand (Lehrer, Bildungsjournalist und Bildungsreisender)

Hier das Video von der Veranstaltung

Und hier die Folien des Vortrags

Nicht nur die Ausbildung der Lehrkräfte steht in der Kritik. Ihre Arbeit muss anders organisiert und auch anders bewertet werden, weil ihre Arbeit vielfältiger geworden ist. Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache, Professorenkinder und Kinder aus Familien, in denen nicht oder nur wenig gelesen wird, Kinder mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Beeinträchtigungen sollen miteinander und voneinander lernen.

Eigentlich sind sich alle einig: Darauf sind die Absolventen eines Lehramtsstudiums bisher unzureichend vorbereitet, ganz zu schweigen von denen, die als Quer- und SeiteneinsteigerInnen ohne entsprechendes Studium in die Schule kommen. Und die Arbeit in einem Mittelschichtgymnasium und einer „Brennpunktschule“ stellt auch andere Anforderungen.

Endlich wird über die Reform des Lehreraus- und -fortbildung diskutiert. Aber vielleicht können wir dabei von anderen Ländern lernen? Alexander Brand hat sich die Lehrerbildung in skandinavischen Ländern, in Japan und Singapur angesehen, also in Ländern die als PISA-Vorbilder gelten. Wir wollen seine Erfahrungen kennenlernen und prüfen: Was können wir lernen – im Positiven wie im Negativen? Wir wollen nicht andere Länder kopieren, sondern die Erfahrungen kritisch bewerten. Welches Verständnis von Bildung, von Schule und Lernen gilt in diesen Ländern? Und welches bei uns?

Die Diskussion

In der Diskussion ging es darum, was wir von den Ländern lernen können, die Alexander besucht hat. Und er ging noch auf die Frage nach Estland ein, das Land, das ja auch gute PISA-Noten hat und für seine Fortschritte in der Digitalisierung gelobt wird. Er empfindet die Situation paradox: Der Unterricht verläuft noch sehr traditionell, geprägt von der sowjetischen Vergangenheit, der Focus in der Grundschule liegt auf der Vermittlung der Basiskompetenzen.
Vieles von dem, was Alexander aus den anderen Ländern berichtete, haben wir auch hierzulande, doch nur an einzelnen Schulen, Leuchttürmen. Doch die strahlen nicht in die Breite: Die Schulpreisschulen, die Laborschule, die Montessori-Schule in Potsdam, einige Gesamtschulen arbeiten schon seit Jahrzehnten in Lehrerteams und in heterogenen Schülerinnengruppen, nur: Davon findet man nichts in den anderen Schulen. Gemeinsame Unterrichtsplanung und gemeinsames Unterrichten – das habe sie bei vielen Privatschulen in Brandenburg gesehen, berichtet Gerrit Große, die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion in Brandenburg. Warum nicht in den öffentlichen Schulen? Weil die veränderte Unterrichtspraxis nicht den Weg in Gesetze, Erlasse und Verfügungen findet, meinen Martina Seifert und Gunhild Böth. Man könne nicht, wie Andreas Schleicher von der OECD, die Verantwortung auf die Lehrkräfte abwälzen.
Die Schulen brauchen nicht nur mehr Autonomie, auch, um den unterschiedlichen Bedingungen ihrer Klientel gerecht zu werden, sie brauchen auch Unterstützung. Sonst sind die Anforderungen, eigene Lehrpläne zu entwickeln, nur eine zusätzliche Belastung der sie nicht gerecht werden können – und wollen.
Die Strukturen des selektiven Schulsystems sorgen dafür, dass mögliche innovative Impulse verpuffen, die es an Studienseminaren und von Fachleitern durchaus gebe. Im Alltags setzt sich rasch der alte Trott durch. Um das zu ändern sind nicht nur andere didaktische Konzepte wie das kooperative Arbeiten nötig, sondern eine andere Haltung zum Lehrerberuf und vor allem: Kooperation, Unterstützung der Schülerinnen, Arbeit mit den Eltern, all das muss anerkannter Teil der Arbeitszeit von Lehrkräften sein. Sie brauche Zeit, Unterstützung von administrativen und technischen Kräften, und sie brauchen Arbeitsplätze in der Schule, die auch kooperatives Arbeiten herausfordern.
Nicht alles ist vorbildlich in den von ihm besuchten Ländern, räumt Alexander ein. In Singapur zum Beispiel ist das Schulsystem hoch selektiv, der Leistungsdruck ist hoch, die Eltern puschen mit Nachhilfekursen, wenn sie das Geld haben. Das Ziel ist Effizienz, nicht Ermächtigung.
Auf den Fotos, der Brand präsentierte, seien ja durchaus noch die lehrerzentrierten Busreihen zu sehen, bemerken Teilnehmende. Ja, aber wichtig seien die Tiefenstrukturen: Werden die Schülerinnen herausgefordert, kreativ etwa in Mathe eigene Lösungswege zu suchen und zu begründen, bekommen sie individuelle Hilfen?
Es gab noch viele Anregungen in der Debatte. Festzuhalten ist, dass es nirgendwo sonst noch eine zweiphasige Ausbildung gibt, überall ist Praxis und universitäre Ausbildung integriert – und übrigens dann auch kürzer als hierzulande.
Fazit: ein spannender Vortrag, interessante Einblicke, die auch manches Vorurteil, etwa über den Unterricht in Japan und Singapur korrigieren konnten, viele Anregungen für die schulpolitische Debatte hierzulande.
Alexander Brand hat übrigens diese Reise selbst organisiert, was nicht einfach war, weiler nach seiner Ausbildung als Lehrer die Erfahrungen anderer kennen lernen wollte.
Alexander Brand hat einen Blog, auf dem er seine Erfahrungen darstellt, und er schreibt für das deutsche Schulportal, da kann man auch einiges von ihm nachlesen.

Ergebnisse:

Was konnten wir auf der Suche nach Alternativen lernen?
1. Die Zusammenarbeit im Team ist konstitutiv für die Unterrichtsentwicklung. Das ist andernorts schon Teil der Ausbildung.
2. Dafür müssen die Bedingungen geschaffen werden, und zwar
a. räumlich: Lehrkräfte brauchen feste und gut ausgestattete Arbeitsplätze in der Schule, und vor allem
b. zeitlich: Die Arbeitszeit darf nicht nach Unterrichtsstunden berechnet werden. Die Zusammenarbeit im Team, die regelmäßige Fortbildung und die individuelle Arbeit mit SchülerInnen gehören zur Arbeitszeit und müssen entsprechend berücksichtig werden.
3. Die regelmäßige Fortbildung besteht nicht aus isolierten Vorträgen und Seminaren, sondern in der kontinuierlichen und gemeinsamen Arbeit an der Verbesserung des Unterrichts.
4. In der Ausbildung gehören Praxis und Theorie zusammen. Wir brauchen die einphasige Lehrkräfteausbildung mit Beteiligung von Ausbildungsschulen und MentorInnen aus den Lehrerkollegien.
5. Viele gute Ansätze wie in den besuchten Ländern gibt es auch hierzulande. Damit sie in der Fläche wirksam werden müssen sie in Gesetzen, Verordnungen und Erlassen verankert werden.

Vieles von dem, was Alexander aus den anderen Ländern berichtete, haben wir auch hierzulande, doch nur an einzelnen Schulen, Leuchttürmen. Doch die strahlen nicht in die Breite: Die Schulpreisschulen, die Laborschule, die Montessori-Schule in Potsdam, einige Gesamtschulen arbeiten schon seit Jahrzehnten in Lehrerteams und in heterogenen Schülerinnengruppen, nur: Davon findet man nichts in den anderen Schulen. Gemeinsame Unterrichtsplanung und gemeinsames Unterrichten – das habe sie bei vielen Privatschulen in Brandenburg gesehen, berichtet Gerrit Große, die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion in Brandenburg. Warum nicht in den öffentlichen Schulen? Weil die veränderte Unterrichtspraxis nicht den Weg in Gesetze, Erlasse und Verfügungen findet, meinen Martina Seifert und Gunhild Böth. Man könne nicht, wie Andreas Schleicher von der OECD, die Verantwortung auf die Lehrkräfte abwälzen.
Die Schulen brauchen nicht nur mehr Autonomie, auch, um den unterschiedlichen Bedingungen ihrer Klientel gerecht zu werden, sie brauchen auch Unterstützung. Sonst sind die Anforderungen, eigene Lehrpläne zu entwickeln, nur eine zusätzliche Belastung der sie nicht gerecht werden können – und wollen.
Die Strukturen des selektiven Schulsystems sorgen dafür, dass mögliche innovative Impulse verpuffen, die es an Studienseminaren und von Fachleitern durchaus gebe. Im Alltags setzt sich rasch der alte Trott durch. Um das zu ändern sind nicht nur andere didaktische Konzepte wie das kooperative Arbeiten nötig, sondern eine andere Haltung zum Lehrerberuf und vor allem: Kooperation, Unterstützung der Schülerinnen, Arbeit mit den Eltern, all das muss anerkannter Teil der Arbeitszeit von Lehrkräften sein. Sie brauche Zeit, Unterstützung von administrativen und technischen Kräften, und sie brauchen Arbeitsplätze in der Schule, die auch kooperatives Arbeiten herausfordern.
Nicht alles ist vorbildlich in den von ihm besuchten Ländern, räumt Alexander ein. In Singapur zum Beispiel ist das Schulsystem hoch selektiv, der Leistungsdruck ist hoch, die Eltern puschen mit Nachhilfekursen, wenn sie das Geld haben. Das Ziel ist Effizienz, nicht Ermächtigung.
Auf den Fotos, der Brand präsentierte, seien ja durchaus noch die lehrerzentrierten Busreihen zu sehen, bemerken Teilnehmende. Ja, aber wichtig seien die Tiefenstrukturen: Werden die Schülerinnen herausgefordert, kreativ etwa in Mathe eigene Lösungswege zu suchen und zu begründen, bekommen sie individuelle Hilfen?
Es gab noch viele Anregungen in der Debatte. Festzuhalten ist, dass es nirgendwo sonst noch eine zweiphasige Ausbildung gibt, überall ist Praxis und universitäre Ausbildung integriert – und übrigens dann auch kürzer als hierzulande.
Fazit: ein spannender Vortrag, interessante Einblicke, die auch manches Vorurteil, etwa über den Unterricht in Japan und Singapur korrigieren konnten, viele Anregungen für die schulpolitische Debatte hierzulande.
Alexander Brand hat übrigens diese Reise selbst organisiert, was nicht einfach war, weiler nach seiner Ausbildung als Lehrer die Erfahrungen anderer kennen lernen wollte.
Alexander Brand hat einen Blog, auf dem er seine Erfahrungen darstellt, und er schreibt für das deutsche Schulportal, da kann man auch einiges von ihm nachlesen.

Alexander Brand | Auf Reise zu den PISA-Spitzen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert